Das Landgericht Köln hat mit Beschluss vom 4. Juli 2022 (28 O 168/22) sowohl die Google Ireland Ltd. als auch die Google LLC zur Löschung eines Google-Suchergebnisses über Art. 17 DSGVO verurteilt.
Die Kammer hat insoweit festgestellt, dass beide Gesellschaften für die Verarbeitung durch das Anzeigen eines Suchergebnisses datenschutzrechtlich verantwortlich seien und daher auch beide zur Löschung zu verurteilen waren. Gegenstand des Suchergebnisses war eine Falschbehauptung über einen Manager auf der von Google angezeigten Internetseite.
Internationale Zuständigkeit bei DSGVO-Verstößen
Zunächst musste das Gericht die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln feststellen. Diese ergibt sich unmittelbar aus Art. 79 Abs. 2 DSGVO:
„Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 9.6.2022 ist zulässig und begründet. Insbesondere ist das Landgericht Köln nach §§ 937 Abs. 1, 943 Abs. 1, 802 ZPO für den Erlass der einstweiligen Verfügung. Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Köln in der Hauptsache ergibt sich aus Art. 79 Abs. 2 DS-GVO. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 32 ZPO, der durch die Anwendbarkeit der DS-GVO nicht gesperrt wird, da diese in Art. 79 DS-GVO lediglich Regeln für die internationale Zuständigkeit bereithält, während sich die sachliche und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts weiterhin nach nationalem Recht richtet (Gola/Werkmeister, Datenschutz-Grundverordnung, Art. 79 Rn. 10; Kühling/Buchner/Bergt, DS-GVO BDSG, Art. 79 DS-GVO, Rn. 14 m.w.N.).“
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Gemeinsam Verantwortung von Google LLC und Google Ireland Ltd.
Sodann musste es sich mit der Frage auseinandersetzen, welche Google-Gesellschaft für das Anzeigen von Suchergebnissen verantwortlich sei. Die Kammer kam dann zu dem Ergebnis, dass beide Gesellschaften verantwortlich seien:
„Beide Antragsgegnerinnen sind als Verantwortliche für die Verarbeitung von Daten im Rahmen der Suchmaschine anzusehen, Art. 4 Nr. 7 DS-GVO, und damit passivlegitimiert für den Anspruch aus Art. 17 Abs. 1 DS-GVO. Bei einer Suchmaschine im Internet ist als Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DS-GVO der Betreiber der Suchmaschine anzusehen (EuGH, Urteil vom 24.09.2019, Rs. C-136/17, CNIL). Die Antragsgegnerin zu 1) ist neben der Antragsgegnerin zu 2) zumindest Mitbetreiberin der Suchmaschine (vgl. Kammer, Beschl. v. 3.6.2022, 28 O 143/22, n.v.).“
Unterlassungsanspruch direkt aus der DSGVO
In der Sache begründete es den Anspruch auf Löschung direkt aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO. Das ist insoweit interessant, weil der Tenor auf ein Unterlassen gerichtet ist und seit Geltung der DSGVO offen ist, ob Betroffene im Anwendungsbereich der DSGVO einen Unterlassungsanspruch haben oder nicht. Hintergrund des Streites ist, dass die DSGVO selber einen solchen Unterlassungsanspruch nicht ausdrücklich vorsieht, in der Praxis ein solcher Anspruch allerdings zur Verhinderung künftiger Datenschutzverstöße essentiell ist. Die Rechtsprechung geht größtenteils davon aus, dass Betroffene einen Unterlassungsanspruch bei einer DSGVO-Verletzung haben. Bei der Herleitung dieses Anspruches besteht allerdings noch Uneinigkeit.
Während der bislang überwiegende Teil der Rechtsprechung den Anspruch aus §§ 823, 1004 BGB analog herleiten, wird er teilweise auch aus Art. 17 DSGVO hergeleitet. Das Landgericht Köln schließt sich mit seiner Entscheidung der zweiten Auffassung an und leitet den Unterlassungsanspruch unmittelbar aus Art. 17 DSGVO ab:
„Der Verfügungsanspruch ergibt sich ausschließlich aus Art. 17 Abs. 1 DS-GVO, der die Anwendbarkeit von Vorschriften des nationalen nicht vereinheitlichten Rechts sperrt (BGH, Urteil vom 27.07.2020, VI ZR 405/18, GRUR 2020, 1331, 1332, Rn. 13 ff., 64).
[…]
Die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 lit. c) und d) DS-GVO liegen vor. Die Verarbeitung der Daten im konkreten Fall, nämlich die Anzeige der streitgegenständlichen Webseite in den namensbezogenen Suchergebnissen zum Antragsteller, ist nicht zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information erforderlich, Art. 17 Abs. 3 lit. a) DS-GVO. Bei der gebotenen Gesamtabwägung überwiegt das Recht auf Achtung der Privatsphäre und Schutz der personenbezogenen Daten des Antragstellers aus den Art. 7, 8 GRCh die unternehmerische Freiheit der Antragsgegnerin aus Art. 16 GRCh und die ebenfalls zu berücksichtigende Meinungsfreiheit der Inhalteanbieter und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit aus Art. 11 GRCh. Dabei ist - wie in der die verlinkte Webseite betreffenden Entscheidung der Kammer gegen Frau T vom 24.1.2022 (28 O 20/22, Anlage ASt 2) - bereits ausgeführt, maßgeblich, dass der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen bzw. Meinungsäußerungen mit unwahrem Tatsachenkern handelt, soweit dem Antragsteller dort vorgeworfen wird, der habe Frau T körperlich misshandelt. Ferner ist glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller in Spanien nach wie vor nicht rechtskräftig wegen des behaupteten Angriffs auf Frau T verurteilt ist“
Ausblick für die Praxis
Im Kampf um die eigene Reputation im Internet ist es wichtig, ehrverletzende Beiträge nachhaltig aus dem Netz entfernen zu können. Das setzt voraus, dass man nicht nur direkt gegen den Verletzer vorgehen kann, sondern auch gegen Betreiber von Suchmaschinen, die einen solchen Beitrag für Dritte erst auffindbar machen. Die Entscheidung stärkt somit die Rechte von Betroffenen, wobei man allerdings auch festhalten muss, dass es sich hierbei zunächst nur um eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz und dazu noch ohne mündliche Verhandlung handelt.
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