Wird man als Unternehmen abgemahnt, stellt sich die Frage, wie man sich hiergegen am besten verteidigt. Einfach ist die Verteidigung immer dann, wenn die Abmahnung in der Sache unberechtigt ist und man diese mit voller Überzeugung daher inhaltlich zurückweisen kann. Schwieriger wird es dann,
wenn an der Abmahnung etwas dran ist. Wenn der vorgeworfene Verstoß also tatsächlich begangen wurde. In dieser Konstellation gibt es die Möglichkeit, durch Abgabe einer Unterlassungserklärung zu erledigen und den Verstoß abzustellen. Als weitere Möglichkeit kommt aber auch hier in Betracht sich zu verteidigen, insbesondere dann wenn die Rechtslage nicht klar ist oder wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass mit der Abmahnung zweckfremde Ziele verfolgt werden, die Abmahnung also rechtsmissbräuchlich ausgesprochen wurde. Den Einwand des Rechtsmissbrauchs kann man dabei nicht nur gegenüber Mitbewerbern erheben. Auch Wettbewerbsverbände können mit ihrem Vorgehen zweckwidrige Ziele verfolgen und rechtsmissbräuchlich vorgehen.
Rechtsmissbrauch im Grundsatz möglich
Die Hürden für die Annahme eines solchen missbräuchlichen Vorgehens sind allerdings höher als bei Mitbewerbern. So kann ein Handeln eines Verbandes rechtsmissbräuchlich sein, wenn dieser mit seiner Klage keine eigenen, sondern ausschließlich oder vorwiegend fremde Interessen verfolgt. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass für einen Verband die Vermutung spricht, dass er seinen eigenen, satzungsgemäßen Zwecken nachgeht. Derjenige, der ein rechtsmissbräuchliches Handeln des Verbandes einwendet muss also diese Vermutung erschüttern. Er muss hierfür Umstände darlegen und im Streitfall auch beweisen, die für rechtsmissbräuchliches Vorgehen sprechen (LG Koblenz, Urt. v. 15.3.2022 - 3 HK O 16/22).
Hohe Anforderungen an das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs
Eingewendet wird hierfür oft, dass der Verband lediglich gegen Unternehmen vorgeht, die nicht zugleich Mitglieder im Verband sind, obwohl auch Mitglieder den gleichen Verstoß offenkundig begehen. Allerdings ist es im Grundsatz nicht von Bedeutung, ob und wie ein Verband in vergleichbaren Fällen gegen andere Mitbewerber vorgeht oder vorgegangen ist. Werden insbesondere Interessen der Allgemeinheit berührt, steht es im freien Ermessen des Verbandes, der die Frage der Wettbewerbswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens gerichtlich klären lassen will, zunächst nur gegen bestimmte Verletzer vorzugehen, gegen andere aber nicht (LG Koblenz, Urt. v. 15.3.2022 - 3 HK O 16/22). Eine unzumutbare Benachteiligung des allein angegriffenen Verletzers gegenüber anderen ist darin schon deshalb nicht zu sehen, weil es dem Verletzer grundsätzlich offensteht, seinerseits gegen gleichartige Verletzungshandlungen seiner von dem Verband nicht angegriffenen Mitbewerber vorzugehen. Erst wenn besondere Umstände, insbesondere sachfremde Erwägungen des klagenden Verbandes hinzutreten, kann es im Einzelfall zu einer anderen Beurteilung hinsichtlich der Frage nach einem rechtsmissbräuchlichen Vorgehen kommen. Für das Vorliegen dieser Umstände ist allerdings derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich auf diese Umstände beruft.
Rechtsmissbrauch im Einzelfall möglich
Während man zum Beispiel bei der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Wettbewerbszentrale) in aller Regel davon ausgehen kann, dass ein missbräuchliches Verhalten nicht vorliegt, mag das bei anderen Verbänden anders sein. So wurde beispielsweise dem IDO Verband bereits mehrfach in der Vergangenheit gerichtlich bescheinigt, missbräuchlich zu handeln. Das hatte unter anderem das OLG Rostock (Beschl. v. 17.11.2020 - 2 U 16/19) in einem Fall festgestellt. Der Senat war der Ansicht, der IDO Verband habe mit seiner Klage sachfremde Zwecke verfolgt. Auch ein selektives Vorgehen gegen Nicht-Mitglieder sei ein Hinweis darauf, dass sachfremde Zwecke verfolgt würden, wobei das OLG Rostock auch feststellte, dass es für sich nicht für einen Rechtsmissbrauch ausreichen würde, wenn ein Verband nur gegen außenstehende Dritte vorgehen würde. Demgegenüber sei es allerdings rechtsmissbräuchlich, wenn der Verband mit seinem selektiven Vorgehen ausschließlich gegen Nicht-Mitglieder bezweckt, neue Mitglieder zu werben, denen er nach einem Beitritt Schutz vor Verfolgung gewährt. Dies sei nach Auffassung des Senats beim IDO Verband der Fall. Auch wenn das OLG Rostock und weitere Gerichte dem IDO Verband in der Vergangenheit ein missbräuchliches Vorgehen bescheinigt hat, muss dies für jeden weiteren Einzelfall erneut festgestellt werden. Der pauschale Hinweis auf die bestehenden Entscheidungen reichen als Verteidigung gegen eine Abmahnung durch den IDO Verband daher nicht aus. Vielmehr muss konkret dargelegt und nachgewiesen werden, dass auch im eigenen Fall ein solcher Rechtsmissbrauch gegeben ist.