Mit dem sog. Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hat der Gesetzgeber umfangreich das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (kurz UWG) geändert. Ziel des Gesetzgebers war es, das angenommene Abmahnunwesen insbesondere im Online-Bereich zu bekämpfen. Gerade kleinere Online-Händler wurden in der Vergangenheit zahlreich wegen vermeintlich einfacherer Verstöße gegen Informationspflichten im Internet (z.B. Hinweis auf OS-Plattform, richtige Preisangaben, Hinweise zum Widerrufsrecht, vollständiges Impressum etc.) wettbewerbsrechtlich abgemahnt. Unabhängig davon, ob diese Abmahnungen inhaltlich zutreffend waren, weil die abgemahnten Verstöße tatsächlich begangen wurden, gab es immer wieder schwarze Schafe unter den Abmahnern.

Diese verlangten regelmäßig die Erstattung von oftmals deutlich überhöhten Rechtsanwaltsgebühren. Hieran sah der Gesetzgeber ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen, weil die Erzielung der Erstattungsansprüche, und nicht die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen im Vordergrund stünde. Vor diesem Hintergrund wurden die formalen Anforderungen an eine außergerichtliche Abmahnung erhöht. Das Landgericht Dortmund hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil die formell fehlerhafte Abmahnung auf ein missbräuchliches Vorgehen schließen ließ (LG Dortmund, Beschl. v. 16.02.2021 – 10 O 10/21).

Erhöhte Anforderungen an die Abmahnung

Nach der Neuregelung in § 13 Abs. 2 UWG muss die Abmahnung klar und verständlich begründet werden. So muss beispielsweise die Identität des Abmahnenden genannt werden. Auch müssen die Voraussetzungen dargelegt werden, warum man als Abmahnender glaubt, hierzu berechtigt zu sein (Angabe der Voraussetzungen der Aktivlegitimation). Auch muss die angegriffene Verletzungshandlung konkret dargelegt werden. Wenn Aufwendungsersatz (also Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren) gefordert wird, muss aufgeschlüsselt werden, woraus diese sich konkret ergeben. Auch die Höhe des Endbetrages muss angegeben werden.

Ausschluss der Kostenerstattung

Als Reaktion auf die Beschwerden der Online-Händler, hat der Gesetzgeber für bestimmte Bereiche geregelt, dass dort künftig für die erste Abmahnung kein Aufwendungsersatz verlangt werden darf. So ist nach § 13 Abs. 4 UWG der Aufwendungsersatz bei Abmahnungen von Verstößen im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien ausgeschlossen. Damit fallen die in der Vergangenheit sehr abmahnträchtigen Bereiche des E-Commerce (Online-Shop, ebay, amazon etc.) in diesen Anwendungsbereich. Daneben können für Abmahnungen wegen Verstößen gegen die DSGVO auch keine Aufwendungen ersetzt verlangt werden.

Gesetzlicher Katalog von Indizien für Rechtsmissbrauch

Eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung war auch bereits vor der Gesetzesänderung unzulässig. Mit der Änderung wurde aber ein Katalog von Indizien aufgenommen, bei deren Vorliegen ein Rechtsmissbrauch angenommen werden kann. Zu beachten ist allerdings, dass dieser Katalog bereits der Rechtsprechung entspricht, sodass sich streng genommen nicht viel an der Rechtslage geändert hat. Nach § 8c Abs. 2 UWG ist ein missbräuchliches Vorgehen anzunehmen, wenn

  • die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen,
  • ein Mitbewerber eine erhebliche Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Abmahnungen geltend macht, wenn die Anzahl der geltend gemachten Verstöße außer Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit steht oder wenn anzunehmen ist, dass der Mitbewerber das wirtschaftliche Risiko seines außergerichtlichen oder gerichtlichen Vorgehens nicht selbst trägt,
  • ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt,
  • offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen vereinbart oder gefordert werden,
  • eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht,
  • mehrere Zuwiderhandlungen, die zusammen hätten abgemahnt werden können, einzeln abgemahnt werden oder
  • wegen einer Zuwiderhandlung, für die mehrere Zuwiderhandelnde verantwortlich sind, die Ansprüche gegen die Zuwiderhandelnden ohne sachlichen Grund nicht zusammen geltend gemacht werden.

Die Entscheidung des Landgericht Dortmund

Auf einer Verkaufsplattform verkaufte der Antragsgegner Haushaltsartikel. Dabei machte dieser allerdings keine Pflichtangaben nach § 5 TMG, hatte nicht über das gesetzliche Widerrufsrecht belehrt und es fehlten Informationen sowie eine Verlinkung zur OS-Plattform. Hiergegen ging der Antragssteller zunächst außergerichtlich mit einer Abmahnung vor. Dort bezifferte der Antragssteller den Streitwert mit 30.000,00 EUR und berechnete hieraus seinen Aufwendungsersatzanspruch wegen der entstandenen Rechtsanwaltskosten.
Das Landgericht Dortmund sah in der außergerichtlichen Abmahnung einen Verstoß gegen die Vorgaben aus § 8c UWG. So führt es wörtlich aus:

„Nach § 8c Abs. 2 Nr. 3 UWG n.F. ist eine missbräuchliche Geltendmachung im Zweifel schon dann anzunehmen, wenn ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt. Dies muss erst recht dann gelten, wenn nicht durch die überhöhte Ansetzung des Gegenstandswertes überhöhte Gebühren in Ansatz gebracht werden, sondern sogar Gebühren gefordert werden, die schon dem Grunde nach nicht geschuldet werden.“

Hintergrund ist die Neuregelung aus § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG, wonach kein Anspruch auf Aufwendungsersatz besteht, wenn es sich um Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten geht.

Nach dem Landgericht Dortmund schlägt der Rechtsmissbrauch bei der Abmahnung auch auf ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren durch. Ist also bereits die Abmahnung rechtsmissbräuchlich, gilt dies nach dem Landgericht Dortmund auch für ein entsprechendes gerichtliches Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Auswirkungen für die Praxis

Soweit ersichtlich handelt es sich bei der Entscheidung des Landgerichts Dortmund um eine der ersten veröffentlichten Entscheidungen zu dem neuen Missbrauchskatalog in § 8c Abs. 2 UWG. Die Entscheidung zeigt, dass die Gerichte gewillt sind, die Neuregelung konsequent durchzusetzen. Für Unternehmen, die berechtigt Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten eines Mitbewerbers ahnden wollen bedeutet dies, dass sie bei der Abfassung einer solchen Abmahnung streng die gesetzlichen Vorgaben zu beachten haben. Wird nur eine Vorgabe nicht beachtet, kann dies ein Gericht als Indiz für eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen werten. Berechtigte Abmahnungen können daher bereits aufgrund formaler Fehler zurückgewiesen werden.

Für Unternehmen, die wettbewerbsrechtlich wegen vermeintlicher Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten abgemahnt werden, stellt die Gesetzesänderung und auch die Entscheidung des Landgerichts Dortmund eine Erleichterung bei der Abwehr von Ansprüchen dar. Ist die außergerichtliche Abmahnung formell fehlerhaft, kann mit guten Gründen und vor allem unter Hinweis auf die gesetzlichen Vorgaben den Einwand des Rechtsmissbrauches erheben.    

 

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