Am 28. Mai 2022 trat die UWG-Novelle in Kraft. Mit dieser Novelle wurden auch Änderungen an der Vorschrift zur Kennzeichnung von kommerzieller Kommunikation vorgenommen. Diese findet sich nunmehr in § 5a Abs. 4 UWG statt wie bisher in § 5a Abs. 6 UWG (a. F.). Der Gesetzgeber wollte die Unsicherheiten beheben, die die Branche bei der Umsetzung der Kennzeichnungspflichten hatte. Daher wird die Neuregelung auch als Influencer-Gesetz bezeichnet,

obwohl die Vorschrift selbst, auch andere Bereiche erfasst und nicht nur das Influencer-Marketing. Der BGH hatte noch vor dem in Kraft treten der Neuregelungen in seinen Influencer-Entscheidungen jedoch für eine verbindliche Auslegung von § 5a Abs. 6 UWG (a.F.) gesorgt, sodass sich die Frage stellt, ob die jetzt geltenden Neuregelungen tatsächlich notwendig waren.

Pflicht zur Werbekennzeichnung nur bei Erhalt einer Gegenleistung

Die Neuregelung sieht vor, dass eine Pflicht zur Werbekennzeichnung nur besteht, wenn die Influencerin für ihren Beitrag eine Gegenleistung erhalten hat:

„Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt.“.

Damit wird die Kennzeichnungsvorschrift des UWG, also das sog. Influencer-Gesetz den Spezialvorschriften aus § 6 Abs. 1 TMG und § 22 Abs. 1 MStV angeglichen.

Eine Gegenleistung liegt dabei unproblematisch immer dann vor, wenn die Influencerin für ihren Beitrag ein Entgelt erhalten hat (BGH, Urt. v. 9.9.2021 – I ZR 90/20). Aber auch das kostenlose zur Verfügung stellen von Waren oder Dienstleistungen konnte nach dem BGH bereits als sonstige Gegenleistung angesehen werden (BGH, Urt. v. 13.1.2022 – I ZR 35/21). Damit hatte der BGH noch vor der Novelle eine der Kernfragen im Influencer-Marketing verbindlich beantworten können. Unsicherheit bestand nämlich darin, ob auch die kostenlose Bereitstellung der beworbenen Produkte oder Leistungen eine Kennzeichnungspflicht auslöst, weil hierin eine sonstige Gegenleistung zu sehen ist.

Nach der Gesetzesbegründung zu § 5a Abs. 4 S. 2 UWG umfasst der Begriff der ähnlichen Gegenleistung auch Provisionen, Produkte, die von dem fremden Unternehmen zur Verfügung gestellt wurden und die die Influencerin nutzen oder behalten darf, sowie Pressereisen, Stellung von Ausrüstung oder Kostenübernahmen. Die bloße Steigerung der eigenen Bekanntheit stellt dabei nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich keinen Fall einer ähnlichen Gegenleistung dar und ist damit aus dem Anwendungsbereich von § 5a Abs. 4 UWG ausgenommen.

Wie gezeigt, ist der BGH bereits in seiner Entscheidung Influencer III (BGH, Urt. v. 13.1.2022 – I ZR 35/21) zu dem Ergebnis gekommen, dass auch die kostenfreie Bereitstellung von Produkten eine Kennzeichnungspflicht auslösen kann, sodass sich die Frage stellt, ob es der Neuregelung in § 5a Abs. 4 UWG notwendigerweise bedurfte. Teilweise wird sogar angenommen, dass die Neuregelung nicht mit Art. 7 Abs. 2 UGP-RL vereinbar sei, bei dem eine Gegenleistung gerade keine Voraussetzung für einen kommerziellen Zweck sei.

Der BGH hat in seiner Entscheidung Influencer III darüber hinaus auch festgestellt, dass auch die Bereitstellung geringwertiger Gegenstände eine kommerzielle Absicht eines Beitrages indiziere (BGH, Urt. v. 13.1.2022 – I ZR 35/21). An dieser Rechtsprechung dürfte der BGH auch mit Blick auf die Neuregelung in § 5a Abs. 4 UWG festhalten, denn weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Gesetzesbegründung sehen eine Wertgrenze vor. Auch hierdurch hat der BGH eine bis dato bestehende Unklarheit beseitigt, denn es wurde teilweise die Auffassung vertreten, eine Kennzeichnungspflicht bestünde nicht, wenn das kostenfrei überlassene Produkt eine bestimmte Wertgrenze nicht übersteige.

 

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Beweislastumkehr zulasten der Influencerinnen

Neu ist auch, dass künftig die Influencerin beweisen muss, dass sie für ihren Beitrag keine Gegenleistung erhalten hat:

„Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.“.

Diese gesetzliche Vermutung kann die Influencerin widerlegen. Die Gesetzesbegründung sieht hierzu beispielhaft vor, dass eine solche Glaubhaftmachung durch die Vorlage einer Quittung über den Kauf des erwähnten Produktes erfolgen kann. Freilich stellt der Kaufbeleg zunächst ein valides Indiz dafür dar, dass die Influencerin das beworbene Produkt selber gekauft haben könnte. Zwingend ist dieser Schluss nicht.

Als weiteres Mittel der Glaubhaftmachung sieht die Gesetzesbegründung vor, dass die Influencerin eine Bestätigung des beworbenen Unternehmens vorlegt, mit der dieses erklärt, keine Gegenleistung an die Influencerin gezahlt zu haben. Es wird sich zeigen, ob Influencerinnen im Falle einer Abmahnung oder eines gerichtlichen Verfahrens ein zuvor unbeteiligtes Unternehmen in die Angelegenheit ziehen werden. Immerhin riskiert eine Influencerin damit ihre Chance auf eine Werbekooperation mit diesem Unternehmen.

Zuletzt sieht die Gesetzesbegründung vor, dass eine Glaubhaftmachung auch durch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung möglich ist. Der Glaubhaftmachungswert einer solchen eidesstattlichen Versicherung liegt darin, dass die falsche Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 156 StGB unter Strafandrohung steht. Dies gilt allerdings nur, wenn die falsche eidesstattliche Versicherung „vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde“ abgegeben wird. Das ist allerdings erst vor einem erkennenden Gericht der Fall. Im außergerichtlichen Bereich stellt eine solche eidesstattliche Versicherung in rechtlicher Hinsicht eine einfache Erklärung der Influencerin dar, auf deren Richtigkeit der Abmahnende im außergerichtlichen Bereich nicht vertrauen muss. Ein Gerichtsverfahren lässt sich so also in der Regel wohl nicht vermeiden.

Letztlich stellt die Neuregelung in § 5a Abs. 4 S. 3 UWG eine Schlechterstellung der Influencerinnen im Vergleich zur vorherigen Rechtslage dar, denn diese müssen jetzt die gesetzliche Vermutung des Erhalts einer Gegenleistung glaubhaft widerlegen. Die vom Gesetzgeber vorgeschlagenen Mittel zur Glaubhaftmachung sind allerdings aufgrund des geringen Glaubhaftmachungswertes nicht zwingend geeignet, ein gerichtliches Verfahren in jedem Fall zu vermeiden.

Alles auf Anfang!?

Die Neuregelungen des sog. Influencer-Gesetzes betreffen nach ihrem Wortlaut in § 5a Abs. 4 S. 2 UWG vorwiegend Werbung der Influencerin für ein drittes Unternehmen. Insoweit hat der Gesetzgeber versucht zugunsten von Influencerinnen für mehr Klarheit zu sorgen. Ob ihm das tatsächlich gelungen ist, darf angesichts der neu entstandenen Auslegungsfragen bezweifelt werden. Die Regelung in § 5a Abs. 4 S. 3 UWG, wonach der kommerzielle Zweck eines Beitrages im ersten Schritt vermutet wird, macht jedenfalls die Tür für zahlreiche neue Abmahnungen wieder weit auf. Jeder Beitrag einer Influencerin, der nicht als Werbung gekennzeichnet ist, steht dadurch zunächst im Verdacht eines Kennzeichnungsverstoßes und dieser Verdacht muss von der Influencerin entkräftet werden.

Will ein Angreifer das eigene Risiko einer Gegenforderung wegen einer unberechtigten Abmahnung minimieren, könnte dieser bei einem werblichen Beitrag ohne Werbekennzeichnung zunächst mithilfe einer Berechtigungsanfrage nachfragen, warum die Influencerin meint, berechtigt zu sein, den werblichen Beitrag nicht als solchen kenntlich machen zu müssen. Kann die Influencerin dem Angreifer dann glaubhaft machen, dass sie keine Gegenleistung erhalten hat, erübrigt sich eine förmliche Abmahnung.

Soweit die Influencerin jedoch mit ihrem Beitrag ihr eigenes Unternehmen bewerben will, bringt die Neuregelung keine klarstellende Änderung mit sich. Auch die Eigenwerbung stellt kommerzielle Kommunikation dar, die nach § 5a Abs. 4 S. 1 1. HS UWG kennzeichnungspflichtig ist. Die Kennzeichnungspflicht entfällt nach § 5a Abs. 4 S. 1 2. HS UWG nur, wenn der kommerzielle Zweck unmittelbar erkennbar ist. Wann das der Fall ist, bleibt stets eine Frage des Einzelfalles. Allerdings können insoweit auch nach der Neufassung des UWG die Feststellungen des BGH aus dessen Influencer-Entscheidungen herangezogen werden.

Man kann festhalten, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung in § 5a IV UWG für die Branche ein Mehr an Rechtssicherheit schaffen wollte. Diese konnte für wesentliche Fragen jedoch bereits der BGH in seinen Influencer-Entscheidungen herstellen, sodass es dieser Neuregelung nicht zwingend bedurfte. Stellt sich heraus, dass die Neuregelungen sogar zu neuen Abmahnungen führen, weil sich die Influencerinnen noch nicht auf die neue Rechtslage eingestellt haben, hätte der Gesetzgeber der Branche womöglich sogar ohne Not einen Bärendienst erwiesen.

 

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