Immer wieder erreichen uns Anfragen wegen der Sperrung von Accounts auf Social Media Plattformen, wie Facebook, Twitter oder Tik Tok. In den allermeisten Fällen liegt diesen Sperren kein nachvollziehbarer Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen der jeweiligen Plattform zugrunde. Darüber hinaus hat auch der BGH in seinen Entscheidungen aus 2021 (III ZR 179/20 und III 192/20 und III ZR 12/21) klare Regeln aufgestellt, unter welchen Voraussetzungen Plattformen Beiträge löschen dürfen. Diese Entscheidungen sind auch und gerade auf die Sperrung von ganzen Accounts übertragbar, wie auch das OLG Hamburg in einer Entscheidung aus 2022 (Beschl. v. 29.6.2022 – 15 W 32/22) zurecht festgestellt hat.
Es untersagte Facebook die künftige Sperrung eines Accounts, insbesondere wenn dies ohne Begründung und ohne Anhörung des betroffenen Nutzers erfolgt. Eine solche Sperrpraxis stelle eine Verletzung des Nutzungsvertrages dar, die einen vertraglichen Unterlassungsanspruch begründen kann.
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Was hat das OLG Hamburg zur Accountsperre durch Facebook entschieden?
Das OLG Hamburg führt zu den vertraglichen Pflichten von Facebook zunächst aus:
„Es ist unstreitig und gerichtsbekannt, dass sich die Antragsgegnerin zu 1) im Rahmen des Nutzungsvertrags gegenüber den Nutzern verpflichtet, diesen ihre Produkte und Dienste zur Verfügung zu stellen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, mit anderen Nutzern in Kontakt zu treten und sich mit ihnen auszutauschen, insbesondere Nachrichten zu senden und Daten wie Texte, Fotos und Videos zu teilen. Daraus folgt, dass die Antragsgegnerin Beiträge, die die Antragsteller in ihr Netzwerk eingestellt haben, nicht grundlos löschen darf (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 – III ZR 179/20 -, BGHZ 230, 347-389, Rn. 28; Urteil vom 29. Juli 2021 – III ZR 192/20 -, Rn. 40 Urteil vom 27. Januar 2022 – III ZR 12/21 -, Rn. 34). Dies muss erst recht gelten, wenn die Antragsgegnerin zu 1), wie im vorliegenden Fall, nicht nur einzelne Beiträge löscht, sondern die gesamte -Seite über einen längeren Zeitraum deaktiviert, so dass deren kompletter Inhalt nicht mehr einsehbar ist.“
Den Verstoß von Facebook begründet der Senat dann zunächst wie folgt:
„[…] Insbesondere in Anbetracht der in diesen Entscheidungen dargelegten Einstrahlung der Grundrechte auf die Verträge der Antragsgegnerin zu 1) steht aber fest, dass für die Entfernung von Inhalten und die Sperrung von Nutzerkonten ein sachlicher Grund bestehen muss (BGH, Urteil vom 27. Januar 2022 - III ZR 12/21 -, Rn. 49). Einen solchen hat die Antragsgegnerin nicht genannt und er ist in Anbetracht des in Anlage K 19 eidesstattlich versicherten Sachverhaltes auch nicht ersichtlich. Eine Vertragsverletzung durch die Antragsgegnerin zu 1) liegt damit klar auf der Hand.“
Daraus ergibt sich ein vertraglicher Unterlassungsanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 1 BGB. Facebook hat danach seinen Nutzern die vertragliche Nutzungsmöglichkeit einzuräumen, mithin ihr Vorenthalten zu unterlassen. Wurde der Account eines Nutzers bereits einmal unberechtigt gesperrt, begründet das die tatsächliche Vermutung, dass Facebook dieses vertragswidrige Verhalten wiederholt.
Das OLG ist zudem der Ansicht, dass nur schwache Andeutungen zu einem vermeintlichen Verstoß nicht ausreichend seien, Nutzer hinreichend über den Grund einer geplanten Sperre zu informieren. Solche schwachen Andeutungen ermöglichen es weder dem Nutzer noch dem Gericht, das Ausmaß der Sperre nachzuvollziehen und richtig einzuordnen.
Was tun, wenn Facebook Twitter oder Tik Tok den Account gesperrt haben?
Mit der Entscheidung macht auch das OLG Hamburg noch einmal deutlich, dass es für die Löschung von Beiträgen und Sperrung von Accounts auf Social Media Plattformen wie Facebook, Twitter oder Tik Tok gewisse Spielregeln gibt. Diese hat der BGH im Ergebnis für alle Plattformen aufgestellt. Danach gilt:
- Facebook, Twitter oder Tik Tok dürfen im Grundsatz Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen oder geltende Gesetzes ahnden und Beiträge löschen oder Accounts sperren.
- Eine willkürliche Löschung von Beiträgen oder Sperre von Accounts ohne berechtigten Grund ist jedoch stets unzulässig.
- Eine sofortige Beitragslöschung oder Accountsperre ist nur bei schwerwiegenden Verstößen zulässig. Bei einfachen Verstößen müssen Facebook, Twitter oder Tik Tok den jeweiligen Nutzer vorher anhören und die Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Erst bei einer wiederholten (gleichartigen) Verletzung ist eine Accountsperre gerechtfertigt.
Nach unserer Erfahrung halten sich Facebook, Twitter und Tik Tok in den meisten Fällen nicht an diese einfachen Spielregeln. Entweder ist die Accountsperre unberechtigt, weil der Nutzer nicht gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen hat. Oder die Accountsperre ist unzulässig, weil der Nutzer vorher nicht angehört wurde. In vielen Fällen kommt beides sogar zusammen. In all diesen Fällen besteht ein Anspruch gegen Facebook, Twitter und Tik Tok auf Wiederherstellung bzw. Freischaltung des Accounts.
Einen ausführlichen Beitrag zu den Möglichkeiten, wie man eine unberechtigte Sperre seines Accounts auf Facebook, Twitter oder Tik Tok beenden kann, findet man in dem Beitrag "Was tun, wenn der Social Media Account gesperrt wurde?". Dort findet sich auch eine Übersicht zu der aktuellen Rechtsprechung zu unberechtigten Beitragslöschungen und Accountsperren durch Social Media Plattformen. |
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