In einem aktuell veröffentlichten Beschluss hat sich das OLG Hamburg (Beschl. v. 12.12.2022 - 3 W 38/22) - wie schon zuvor das Landgericht Düsseldorf - mit der Frage befassen müssen, ob bei der Werbung mit einer Preisermäßigung nach § 11 PAngV der sog. Referenzpreis als solcher zusätzlich bezeichnet werden muss. Die Lebensmittelzeitung sowie Hanno Bender, Ressortleiter Recht und Politik beim DFV, hatten über dieses Verfahren zuerst bereichtet. Zutreffend hat das OLG Hamburg festgestellt, dass eine weitere Erläuterung zum Referenzpreis nicht erforderlich ist. Ob damit in dieser Frage das letzte Wort gesprochen ist, bleibt abzuwarten. Vertreter der Wettbewerbszentrale teilten die Auffassung des Landgericht Düsseldorfs und jetzt des OLG Hamburgs bereits seit In-Kraft-Treten der Neuregelungen, wie Peter Breun-Goerke, Syndikusrechtsanwalt bei der Wettbewerbszentrale, auf LinkedIn mitteilt. Dies hat die Wettbewerbszentral nun auch in einer eigenen Stellungnahme noch einmal klargestellt. So heißt es dort unter anderem wörtlich:

Stellt ein zwecks Werbung gegenübergestellter „Vorher“-Preis den gesetzlich anzugebenden niedrigsten Preis dar, sieht auch die Wettbewerbszentrale keine Pflicht zur Angabe von weiteren, diesen Preis näher erläuternden Hinweisen. Sie hat derartige Fälle daher seit Geltung des neuen § 11 PAngV auch nicht aufgegriffen. Werden hingegen mehrere oder andere Preise angegeben, muss für Verbraucher leicht verständlich sein, um welche Preise es sich dabei handelt. Dies ergibt sich bereits aus dem in der PAngV geregelten Grundsatz der Preisklarheit.

Worüber musste das OLG Hamburg entscheiden?

Das gerichtlich in Anspruch genommene Unternehmen bewarb im Internet unter anderem getrockene Ananas für einen Preis von 3,99 € für 100g. Es warb zudem mit einer Preisermäßigung durch Hinzufügung eines durchgestrichenen Preises ("4,99 € (20,04 % gespart)"). Diese Werbung mit einer Preisermäßigung wurde von der Antragstellerin abgemahnt. Begründet wurde die Abmahnung zum einen damit, dass das Unternehmen den nach §§ 4, 5 Abs. 1 PAngV vorgeschriebenen Grundpreis je Mengeneinheit nicht angegeben habe (auf diesen Vorwurf wird hier später nicht weiter eingegangen). Neben weiteren Verstößen gegen die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) und der Health-Claims-Verordnung (HCVO) beanstandete die Antragstellerin auch einen angeblichen Verstoß gegen die neue Informationspflicht aus § 11 PAngV. Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Angabe des gesetzlich geforderten Referenzpreises fehle. 

Nachdem das Unternehmen auf die Abmahnung nicht reagierte, beantragte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Hinsichtlich des behaupteten Verstoß gegen § 11 PAngV führte die Antragstellerin ergänzend aus:

"Sie gebe zwar einen sogenannten Streichpreis an, nicht aber, um was es sich bei diesem Streichpreis handele. Unabhängig hiervon gebiete aber auch die gesetzliche Bestimmung des § 11 Abs. 1 PAngV bereits seinem Wortlaut nach die Angabe, dass es sich bei dem Streichpreis als zuletzt geforderten Preis zugleich um den niedrigsten Gesamtpreis handele, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern gefordert worden sei."

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen

Das Landgericht Hamburg hat mit Beschluss vom 10.11.2022 - 406 HK 113/22 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Hinsichtlich des behaupteten Verstoß gegen § 11 PAngV führte die Kammer aus:

"Ein Hinweis, dass es sich um den niedrigsten, innerhalb der letzten 30 Tage geforderten Preis handele, sei nach Wortlaut und Zweck des § 11 PAngV nicht erforderlich. Die Vorschrift solle lediglich die Werbung mit Preissenkungen gegenüber nur kurzfristig erhöhten Preisen verhindern."

Gegen diese Entscheidung legten die Antragstellerin am 24.11.2022 sofortige Beschwerde ein. Hinsichtlich des behaupteten Verstoß gegen § 11 PAngV blieb die sofortige Beschwerde beim OLG Hamburg (Beschl. v. 12.12.2022 - 3 W 38/22) allerdings erfolglos.

 

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Die Entscheidung des OLG Hamburg, Beschl. v. 12.12.2022 - 3 W 38/22 zu § 11 PAngV

Der Senat (Beschl. v. 12.12.2022 - 3 W 38/22) hielt die angegriffene Werbeaussage mit einem Streichpreis aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreis für hinreichend klar und eindeutig. Wörtlich heißt es in der Entscheidung hierz:

"Bei einem durchgestrichenen Preis geht der Verbraucher in der Regel davon aus, dass es sich hierbei um einen Preis handelt, den der Händler vor der Preisermäßigung von seinen Kunden verlangt hat (Laoutoumai in: BeckOK UWG, 18. Ed., § 11 PAngV, Rdnr. 19). Der Verbraucher ist an eine Werbung mit dem Hinweis auf eine „UVP“ gewöhnt, sodass er einen durchgestrichenen Preis ohne einen solchen Hinweis eher nicht als einen Hinweis auf eine UVP verstehen wird (Laoutoumai in: BeckOK UWG, a.a.O.). Dies gilt erst Recht - wie hier - bei unverpackt angebotenen Lebensmitteln ohne Marken- oder Herstellerangabe (anders noch bei Markenartikeln: BGH GRUR 1980, 306 - Preisgegenüberstellung III).

Der Senat teilt auch die Auffassung des Landgerichts, dass ein ausdrücklicher Hinweis, dass es sich bei dem Referenzpreis um den niedrigsten, innerhalb der letzten 30 Tage geforderten Preis handelt, nach Wortlaut und Zweck des § 11 PAngV nicht erforderlich ist. Die bloße Angabe des (niedrigsten) Referenzpreises genügt grundsätzlich den Anforderungen des § 11 PAngV (Laoutoumai in: BeckOK UWG, 18. Ed., § 11 PAngV, Rdnr. 19).

Zweck des § 11 PAngV ist die Verbesserung der Verbraucherinformation in den Fällen, in denen eine Preisermäßigung zu Werbezwecken genutzt wird. Insbesondere Absatz I soll verhindern, dass bei der Werbung mit Preisermäßigungen Grundpreise angegeben werden, die so zuvor nicht verlangt oder kurzzeitig zuvor angehoben wurden. Die Vorschrift bildet das Preisangabe-rechtliche Instrument zur Bekämpfung von Mondpreisen und steht komplementär neben § 5 UWG (Sosnitza, GRUR 2022, 794, 796). Der Wortlaut von § 11 PAngV macht keine Vorgaben, wie der Referenzpreis angegeben werden soll. Auch die Gesetzesbegründung sieht eine solche zusätzliche Pflicht ausdrücklich nur vor, wenn durch weitere Angaben (z.B. weitere Preise) bei der Preisauszeichnung unklar wird, dass es sich bei dem durchgestrichenen Preis um einen Referenzpreis handelt (BR-Drucks. 669/21 v. 25.08.2021, S. 40). Art. 6 a RL 98/6/EG (Preisangaben-RL) macht nach dem Wortlaut ebenfalls keine solche Vorgabe: „(1) Bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung ist der vorherige Preis anzugeben, den der Händler vor der Preisermäßigung über einen bestimmten Zeitraum angewandt hat (...).“

Soweit der Antragsteller erstmals im Beschwerdeverfahren seinen Unterlassungsanspruch auch darauf stützt, dass „mit Nichtwissen bestritten (werde), dass die streitbefangenen Streichpreise die niedrigsten Preise in den letzten 30 Tagen vor der Preissenkung waren“, verhilft ihm dies nicht zum Erfolg. In dem hier einseitig geführten Verfahren, bei dem insbesondere auch die Abmahnung zu diesem Punkt schweigt, ist ein „Bestreiten mit Nichtwissen“ prozessual ohne Folgen, da der Gegner sich hierzu noch gar nicht erklären konnte, unabhängig von der Frage, ob auch in einem zweiseitigen Verfahren ein solches - offenbar ins Blaue hinein erfolgte - Bestreiten prozessuale Konsequenzen hätte (§ 138 II - IV ZPO). Jedenfalls bis zur Beschwerdebegründung war Kern des Angriffs zu I. 3., dass die Antragsgegnerin nicht angebe, um was es sich bei dem Streichpreis handelt. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Landgerichts, dass weder dargelegt noch ersichtlich ist, dass der durchgestrichene Preis nicht der niedrigste der letzten 30 Tage ist. Damit werden dem Antragsteller auch keine unüberwindbaren Hürden oder umfassende Marktbeobachtungspflichten auferlegt. Denn er kann ohne weiteres zu den ihm verdächtig erscheinenden Referenzpreisen recherchieren (Waybackmaschine, Preisvergleichsportale, Recherche zu marktüblichen Preisen u.s.w.) und den Werbenden in einer Abmahnung auffordern, zu dem ungewöhnlich Referenzpreis Stellung zu nehmen. Darüber hinaus ist die Änderung des zur Begründung des Unterlassungsanspruch vorgetragenen Tatsachenvorbringens erstmals im Beschwerdeverfahren dringlichkeitsschädlich."

Einordnung der Entscheidung des OLG Hamburg zu § 11 PAngV

Das OLG Hamburg (Beschl. v. 12.12.2022 - 3 W 38/22hat - ohne auf die Entscheidung des Landgericht Düsseldorf zu verweisen - zurecht ebenfalls festgestellt, dass der angegebene Referenzpreis nicht zusätzlich erklärt werden muss. Weder Wortlaut, Systematik oder Sinn und Zweck erfordern, dass Händler Streichpreise teilweise aufwendig erklären. Sie sind lediglich verpflichtet, den Referenzpreis überhaupt anzugeben. Nachdem nur ein Oberlandesgericht die Gelegenheit hatte, diese Frage klarzustellen, bleibt zu hoffen, dass diese Frage nun abschließend geklärt ist. Auch wenn sich die Wettbewerbszentrale hierzu bereits früh positioniert hat, gibt es noch andere eingetragene Vereine (z.B. der Deutscher Konsumentenbund e.V. oder der Verband sozialer Wettbewerb), die wettbewerbsrechtliche Interessen durchsetzen können und diese Frage trotz der Entscheidung des OLG Hamburg (Beschl. v. 12.12.2022 - 3 W 38/22) anders bewerten. 

§ 11 PAngV wird über die hier entschiedene Frage hinaus noch weitere gerichtliche Entscheidungen brauchen, damit für Händler endgültig Klarheit herrscht, wie sie mit Preisermäßigungen richtig werben dürfen. Das haben neue Vorschriften nunmal so an sich. Gleichzeitig fragt man sich, mit welcher Intentention manche Unternehmen abgemahnt werden. So ist mindestens ein Fall bekannt, indem beanstandet wird dass der aktuelle Preis höher ist, als der niedrigste Preis der letzten 30 Tage. In dieser Konstellation dürfe man nach § 11 PAngV nicht mehr mit einem Streichpreis bzw. einer Preisermäßigung werben. 

Um das anhand eines Beispiels zu erläutern:

Der Händler wirbt aktuell mit "Jetzt nur 50 EUR statt 75 EUR. Niedrigster Preis der letzten 30 Tage: 40 EUR". Der niedrigste Preis der letzten 30 Tage betrug allerdings nur 40 EUR, was in der Werbung auch angeben wurde. In dieser Konstellation soll keine Preisermäßigung vorliegen. 

Warum hier der Händler abgemahnt wurde, erschließt sich mir nicht. § 11 PAngV verlangt, dass dem Kunden der niedrigste Preis der letzten 30 Tage angegeben wird. Das wurde hier umgesetzt. Erhöht der Händler in der Zwischenzeit (insb. innerhalb der 30 Tage) den Preis auf 75 EUR und reduziert er diesen im Rahmen einer Aktion wieder auf 50 EUR, ist es nur konsequent, sowohl die 75 EUR als auch die 40 EUR anzugeben, wenn er dem Kunden eine Preisermäßigung kommunizieren will. Gegen § 11 PAngV würde der Händler hingegen verstoßen, wenn er nur mit der Angabe "Jetzt nur 50 EUR statt 75 EUR" werben würde, denn dann würde er den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage gar nicht erwähnen. Indem der Händler die Vorgaben aus § 11 PAngV einhalten will, steht er psychologisch sogar schlechter dar, denn er offenbart hiermit dem Kunden, dass dieser trotz der aktuellen Preisermäßigung eigentlich teurer kauft, als vor 30 Tagen. 

Vor diesem Hintergrund halte ich diese Beanstandung für unbegründet. Sie zeigt allerdings auch, dass bei der Auslegung von § 11 PAngV noch viel Unsicherheit herrscht. Unternehmen müssen daher bei ihrer Preiswerbung immer mitberücksichtigen, dass ein Verband oder ein Mitbewerber die Vorschrift denkbar streng auslegt und die eigene Werbemaßnahme angreift. 

 

 

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